Wehret den Anfängen – Aktion am Frauentag vom 8.3.2017

Wehret den Anfängen – #achtungsexismus

Gegen plumpe Geschlechterstereotypen bei Spielsachen und Kinderkleidern

Die Gruppe Aktivistin.ch brachte heute am internationalen Frauen*tag Warnetiketten an Spielzeug an, um zu zeigen, wie früh Kindern geschlechtsspezifische Rollenbilder eingepflanzt werden. Starre Ideen davon, wie «richtige Frauen» oder «richtige Männer» zu sein haben, werden bereits im Kinderzimmer eingeübt. Darum: Wehret den Anfängen!

Frühmorgens markierten Aktivist*innen in den grossen Einkaufszentren und Spielwarenläden an der Bahnhofsstrasse sexistisches Spielzeug mit Warnetiketten. Zu Mittag gab es ein Picknick mit Eltern, Kindern und Aktivist*innen vor dem Spielwarenladen “Franz Carl Weber”, um sich übersexistisches Kinderspielzeug auszutauschen. Ziel der Aktion ist es, Eltern und generell Erwachsene darauf zu sensibilisieren, welchen Einfluss Spielzeug auf die Entwicklung unserer Töchter* und Söhne* hat. Bereits bei Kindern werden mit «geschlechtsspezifischen» Spielsachen und Kleidern Klischees von der «schönen, sozialen und emotionalen Prinzessin» und dem «technisch-versierten, toughen und starken Superhelden oder Entdecker» reproduziert.

Dahinter steckt auch ein marktwirtschaftliches Interesse: Wenn Mädchen* und Buben* unterschiedliches Spielzeug brauchen, kassieren die Unternehmen doppelt. Gleichzeitig wird durch kluges Marketing die Nachricht gesendet, dass die Kinder damit nur in ihren spezifischen Fähigkeiten früh gefördert werden. Der gesellschaftliche Druck steigt und holt Eltern und Kinder spätestens im Kindsgi und der Schule ein. Dass Mädchen* und Jungen* bereits so früh eingetrichtert wird, wie unterschiedlich sie doch seien, hat verheerende Auswirkungen und zementiert sexistische Rollenbilder und eine heteronormative Weltsicht. Und das wiederholte Spielen übt die “geschlechtsspezifischen Fähigkeiten” dann ein und sie werden zu einer sich-selbst-erfüllenden Prophezeiung.

Mit solchen Klischees schränken wir uns alle ein. Männer* können und dürfen schön sein wollen, weinen und sich um andere Menschen kümmern. Frauen* können und dürfen Probleme lösen, sexuell begehren und wild und wütend sein. Mit der Aktion soll eine öffentliche Diskussion über die Rollenbilder im Kinderzimmer angestossen werden und Eltern sollen auf die Folgen von “geschlechtsspezifischem” Spielzeug aufmerksam gemacht werden. Unter dem Thread #achtungsexismus wird eine Online-Diskussion zu dem Thema geführt und es werden Bilder von Spielzeug und Kleidung gepostet, die Kindern schon früh sagen, wer sie sind, was sie können und dass dies vor allem von ihrem Geschlecht abhängt.

Hintergrund der Aktion

Ziel der Aktion ist es, Eltern und generell Erwachsene darauf zu sensibilisieren, welchen Einfluss Spielzeug auf die Entwicklung unserer Töchter* und Söhne* hat. Bereits bei Kindern werden mit “geschlechtsspezifischen” Spielsachen und Kleidern Klischees von der “schönen, sozialen und emotionalen Prinzessin“ und dem “technisch-versierten, toughen und starken Superhelden oder Entdecker“ reproduziert.

Mädchen* lernen “Frauen“ und sich selbst vor allem als schöne Objekte kennen und geraten somit von Beginn an in ein passives Rollenverständnis. Sie vernachlässigen bereits im Spiel ihre Initiative, ihre rationalen und praktischen Fähigkeiten. Ihr Körper wird zu einem Mittel um zu gefallen und nicht um die Welt zu entdecken. Bereits sehr junge Mädchen werden in sexualisierende Kleidchen gesteckt und sollen hübsch aussehen. Einschlägiges Mädchenspielzeug führt also dazu, dass Frauen* ein gestörtes Gefühl zu ihrem Körper, ihrer Sexualität und ihren Fähigkeiten entwickeln.

Spielzeug für Jungen* fokussiert sich vor allem aufs Problemlösen, aufs Entdecken und aufs Retten. Emotionalität und insbesondere Schwäche und Trauer werden Jungen* und Männern* abgesprochen. “Männer“ müssen immer stark, dominant und unemotional sein. Männer* lernen, dass sie, nur wenn sie leisten, etwas wert sind und dass sie weder Schwäche noch allzu viel Emotion zeigen dürfen. Männer* und Jungen* leiden unter dieser “toxic masculinity” und manche entwickeln gefährliche Bewältigungsstrategien, verdrängen Trauer, werden aggressiv, depressiv und lernen nicht, um Hilfe zu bitten.

Mit solchen Klischees schränken wir uns alle ein. Männer* können und dürfen schön sein wollen, weinen und sich um andere Menschen kümmern. Frauen* können und dürfen Probleme lösen, sexuell begehren und wild und wütend sein.

Durch sexistisches Spielzeug werden nicht nur gewisse Fähigkeiten und Neigungen von klein auf (ab/an)trainiert, es wird ausserdem die Nachricht gesendet, dass Männer* und Frauen*, Mädchen* und Jungs* vor allem eines sind: fundamental unterschiedlich. Und diese Nachricht bietet später den Boden für schlechtere Bezahlung, offenen Sexismus bis hin zu Gewalt.

Für Unternehmen öffnet sich durch die frühe Unterscheidung der Geschlechter eine Marktlücke. Sie kassieren doppelt weil Mädchen* und Buben* offenbar unterschiedliches Spielzeug brauchen. Gleichzeitig wird durch kluges Marketing die Nachricht gesendet, dass die Kinder damit nur in ihren spezifischen Fähigkeiten früh gefördert werden und Eltern ihren Kindern gar schaden, wenn sie diese Förderung nicht nutzen. Während vor einigen Jahren noch ein Grossteil des Spielzeugs für alle Geschlechter da war, wird heute mehr und mehr differenziert. Lego und Computerspiele bringen jeweils eine Version für Jungen* eine für Mädchen* heraus. Der gesellschaftliche Druck steigt und holt Eltern und Kinder spätestens im Kindsgi und der Schule ein.

Obwohl es in der Schweiz (zum Beispiel Manor) einzelne Versuche gibt, Spielzeug nicht “formell” nach “Jungen-“ bzw. “Mädchen-Spielsachen“ einzuteilen, schwingen trotzdem unterschwellig die Klischees mit. Die Packungen sind blau, bzw. rosa, und die Werbebotschaften richten sich an Mädchen* oder Jungs*, es sind nur Mädchen oder nur Jungs abgebildet, Familien bestehen immer aus Mama, Papa und Kind(ern), Kleider für Mädchen* sind schön, die für Jungs* praktisch, etc.
Unter dem Thread #achtungsexismus wollen wir eine Diskussion zum Thema Sexismus bei Kinderspielzeug führen. Es werden einschlägige Bilder von Spielsachen und Werbebotschaften gepostet, um zu hinterfragen wie “natürlich” die späteren Unterschiede zwischen Männern* und Frauen* denn wirklich sind und wieviel wir einfach schon im Kindesalter gelernt haben.

Unsere Wünsche und Fähigkeiten sollten nicht mehr von veralteten Rollenbildern bestimmt werden. Sexistisches Spielzeug kann verheerende Folgen auf freie Entwicklung und auch auf die psychische Gesundheit von Kindern haben, darum: Wehret den Anfängen!